Kinder und Medien –
wie können Eltern den Medienkonsum begleiten?

Das Thema Kinder und Medien polarisiert. Einerseits sollten Tablets und Computer schon früh in den Schulen eingeführt werden, andererseits kommen Kinder bereits privat oft genug damit in Berührung. Ab welchem Alter dürfen Kinder denn wie lange Medien nutzen? Und welche Regeln sollte man als Eltern aufstellen?

Und nicht zuletzt sind es die Eltern, die mit ihrem Medienkonsum auch etwas vorleben…

Am Felicitas-Table haben wir BloggerInnen dieses Thema gemeinsam diskutiert.

 

Ab wann und wieso habt Ihr Eure Kinder an Medien herangeführt?

Miss Broccoli: Meine Söhne durften ca. ab 18 Monaten mal einen Film von sich oder einem Tier oder Traktor (eigene Filme) auf dem Handy schauen, und natürlich war es unausweichlich, dass sie auf das Handy schauen wollen, wenn wir Eltern immer wieder in dieses kleine Ding schauen. Doch mehr gab es vorerst nicht.

Mein älterer Sohn durfte dann ab ca. 4 Jahren auf dem Tablet mal eine kleine Gutenachtgeschichte schauen. Den Fernseher stellten wir immer erst an, wenn die Kinder im Bett waren.

Ab dem Alter von 4 hatten mein Partner und ich aber auch immer wieder Diskussionen, weil ich der Meinung bin, dass die Kinder Medien nutzen sollen und dürfen, einfach dosiert. Ich will aber nicht Kinder, denen alles verboten wird und die dann später bei anderen Kindern zu Hause „Nachholbedarf“ haben. Somit durfte er zu besonderen Gelegenheiten einige Monate nach seinem 4. Geburtstag mal etwas im TV schauen, aber auch jetzt noch nicht regelmässig.

Die Angelones: Zu den wichtigsten Erfahrungen, die wir als Eltern in Sachen Mediennutzung gemacht haben, zählt die Einsicht, dass wir vor der Familiengründung keinen blassen Schimmer hatten, welchen Lauf das Leben mit Kindern nehmen und wie es die eigenen Ansichten verändern würde: "Unsere Kinder dürfen frühestens ab sieben Jahren fernsehen. Gamen können sie grad vergessen. Und ein Handy bekommen sie erst, wenn sie in die Lehre gehen. Punkt. Schluss.“ So dachten wir, als wir noch keine Kinder hatten. Selbstverständlich wurden wir Lügen gestraft.

Wir haben also den "Muster-Fahrplan 3-6-9-12" nicht in allen Punkten eingehalten. Vor allem beim Jüngeren nicht. Allerdings nicht aus Gründen der Überforderung, sondern weil wir uns bewusst entschieden haben, in die Offensive zu gehen und früh mit der aktiven Medienerziehung zu starten. Nicht zuletzt, weil es bei Geschwistern wie bei unseren, die einen sehr kleinen Altersunterschied aufweisen, schier unmöglich ist, individuelle Mediennutzungs-Fahrpläne einzuhalten. Viele Eltern kennen es: Das jüngere Kind darf sozusagen in allen Fragen immer viel zu früh das machen, was dem Älteren lange verwehrt war…

mama rocks: Wir versuchen uns an den Ratschlag der Pro Juventute zu halten: «Kein Kind unter drei Jahren verpasst etwas, wenn es noch keine Bildschirmmedien konsumiert. Handkehrum nimmt kein Vorschulkind einen bleibenden Schaden von Bildschirmmedien, wenn es zeitlich begrenzt und begleitet ein altersgerechtes Angebot nutzt.»

Lola Brause: Wir sind eine recht aktive Familie, so entstand auch unsere Familien Freizeitveranstaltungskalender Lolabrause.ch, daher waren lange all die Medien kein Thema.
Aber als unser grosser mit der Mittelstufe anfing, stellte sich heraus, dass viele Kinder bereits ein eigenes Smartphone besitzen. Anfangs haben wir uns dagegen ausgesprochen, aber der Druck war sehr hoch. Wir haben uns dafür entschieden, aber genau geplant, für was und in welchen Massen es Sinn macht.

Mama mal 3: Es begann bei unserem Ältesten. Er ist hochsensibel. Ab dem 2. Lebensjahr wachte er immer schreiend aus dem Mittagsschlaf auf und war nicht zu beruhigen. Wir blieben bei ihm, sprachen ihm gut zu, streichelten ihn, aber er schrie und schrie, eine gefühlt ewig lange Zeit.

Wir waren ratlos und irgendwann begannen wir, ihm kleine Filmchen wie „kleiner roter Traktor“ zu zeigen. Es war das einzige, was funktionierte. Entsprechend kam auch unsere Mittlere relativ früh damit in Berührung. Sobald sie keinen Mittagsschlaf mehr machte, durften die Kinder eine Stunde fernsehen damit ich etwas Zeit für mich hatte.

Die Jüngste (3,5 Jahre) halten wir noch mehr oder weniger von Bildschirm-Medien fern. Sie liebt aber Hörspiele und die interaktiven TipToi-Bücher.

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Habt Ihr die Bildschirm-Zeit beschränkt? Wenn ja, wieso und in welchem Masse?

Miss Broccoli: Leider machte uns da die Corona-Krise einen Strich durch die Rechnung 😉 Der Ältere hörte sich zwar enorm viele Hörspiele an, doch war er irgendwie unterfordert. Also gestattete ich ihm in dieser Zeit in der Mittagspause, eine Kinder-Wissenssendung zu schauen. Und das ist nun zu einer Regelmässigkeit geworden. Ich finde es aber völlig ok, denn so gehört es zwar zum Alltag, ist aber immer noch dosiert. Und er erzählt mir oft später, was er gelernt hat – und ich habe daneben eine kleine Pause von ca. 30 Minuten.

mama rocks: Als ich selber Kind war, war das Leben etwas einfacher. Die Gutenacht-Geschichte im TV kam immer zur selben Zeit. Das tut sie wohl immer noch, wir haben aber seit Jahren kein lineares TV mehr geschaut. Das Konzept von fixen Sendezeiten kennen unsere Kinder also gar nicht mehr. Es ist alles immer verfügbar. Das macht fixe Regeln nicht einfacher. Mittlerweile haben wir aber durchgesetzt, dass es unter der Woche keine Bildschirmzeit gibt. Nur am Wochenende, oder wenn sie krank sind. Das funktioniert erstaunlich gut.

Lola Brause: Wir haben uns bewusst gegen eine Beschränkung pro Tag entschieden. Wir haben gemerkt, dass die Kids in unserem Umfeld auf diese halbe Stunde bestanden haben. Da meine Kinder, 9 und 11 Jahre alt, immer noch sehr aktiv sind und eben keine halbe Stunde nur fürs Gamen oder Fernsehen haben, gibt es nur dann mal eine halbe Stunde, wenn es gerade passt.

Ach ja, und Ferien versuchen wir ganz darauf zu verzichten. Es ist faszinierend zu sehen auf was für Ideen sie dadurch kommen.

Mama mal 3: Anfangs ja, aber wir haben sie teils bis zu 1,5 Stunden fernsehen lassen. Nur vielleicht nicht jeden Tag. Aktuell schauen wir auf den Tag und die Situation. Hausaufgaben haben Priorität, ein zeitiges zu Bett gehen ist uns unter der Woche wichtig. Sind Ferien, dürfen die Kinder so lange sie wollen, aber es kam noch nie vor, dass sie dann ununterbrochen vor den Geräten hingen.


Wie haben Eure Kinder Eure Medien-Regeln akzeptiert?

Die Angelones: Es gab und gibt immer wieder Diskussionen. Das gehört dazu. Doch meine Söhne haben die Regeln immer akzeptiert und tun es heute noch. Eine kompetente und vor allem konsequente Begleitung im Medienalltag ist alles andere als einfach, doch die Mühe lohnt sich.

Mama rocks: Da unsere Kinder erst zweieinhalb, bzw. viereinhalb sind, können wir das noch relativ gut durchsetzen. Unsere Kinder haben auf den zweiten Geburtstag einen Hörbert (ein MP3-Player aus Holz) erhalten. Der läuft nun pausenlos. Das führt beim gemeinsamen Essen immer wieder zu Diskussionen, weil sie ihn nicht abschalten möchten.

Lola Brause: Ich sage hier nur: sie probieren es immer wieder... Aber ich glaube insgeheim, dass sie wissen, dass sie mehr erleben und sehen ohne die Geräte.

Mama mal 3: Als sie noch kleiner waren, war das Ausschalten jedes Mal ein Drama, so dass wir zwischenzeitlich die Bildschirm-Zeit komplett gestrichen haben (was auch gut funktionierte!). Da wir aktuell keine festen Regeln haben, sondern jeden Tag neu bewerten, akzeptieren sie auch gut, wenn wir, mit Begründung, den Konsum regulieren.


Habt Ihr die Medien-Nutzung immer begleitet oder wie lange?

Die Angelones: Ja, von Anfang an und wir tun es immer noch. Wir geben ihnen viele Freiheiten, damit sie Eigenverantwortung üben können, doch wir kontrollieren sie. Nicht hinter ihrem Rücken, sondern ganz offen. Sie wissen es.

Mama rocks: Bis jetzt können wir das, ja. Netflix hat eigene Kinderprofile, da gibt es kein Risiko. Tablets und Handys dürfen sie eh noch nicht benutzen. Wir wissen also, was unsere Kinder schauen, und sind immer in der Nähe.

Lola Brause: Wir haben immer wieder ein Auge darauf und gewisse Sachen sind gesperrt. Gerade im Teenie-Alter ist es wichtig, über Cyber-Mobbing und die Gefahren des World Wide Webs zu reden.

Mama mal 3: Solange sie klein waren, wusste ich, was sie schauten, da ich den Kanal und die Sendung einstellte. Heute hat der Fernseher eine Kindersicherung weil ich nicht immer da bin (meine älteren beiden sind 8 und 10 Jahre alt), was sie an der Nintendo Switch spielen, weiss ich und am Tablet schaue ich stichprobenartig, was sie sich gerade angucken und frage auch danach.


Achtet Ihr auch auf Euren Medienkonsum bzw. Eure Vorbild-Funktion dabei?

Die Angelones: Uns ist klar, dass wir ihre Vorbilder sind und sie unsere Spiegel. Gerade als Bloggerin bin ich sehr oft am Notebook und/oder am Handy. Es ist wichtig, dass die Kinder verstehen, dass dies zu meiner Arbeit dazu gehört. Deshalb muss ich auch ganz klar zeigen, dass ich nebst der Arbeit OHNE Handy auskommen kann und dieses weglege.

Mama rocks: Ich versuche es. Und doch bekommen meine Kinder mit, dass ich oft am Handy bin. Es ist also nicht immer ganz einfach. Ich finde, dass man den Medienkonsum nicht per se als schlecht darstellen soll. Unsere Kinder wurden in eine digitale Welt geboren. Da gibt es kein Zurück. Es ist also wichtig, sich ernsthaft damit zu beschäftigen und sie an einen gesunden Medienkonsum heranzuführen.

Lola Brause: Meine Kids sagen schon hin und wieder, dass ich mein Handy auch so oft nutze. Und ich zeige ihnen dann, was ich alles auf meinem Smartphone habe - von Terminen, Einkaufszettel über Fotoapparat bis zu Schul-Apps usw.

Mama mal 3: schwieriges Thema. Da ich freischaffend blogge, habe ich keine festen Arbeitszeiten und das Handy ist oft in der Hand – um Mails zu checken, Kommentare zu beantworten, Stories zu posten, Fotos zu machen etc. Sie wissen, dass ich zu 95% wegen der „Arbeit“ am Handy bin, aber ich glaube, ich muss das jeweils noch transparenter zeigen und thematisieren.

Und der Papa hört sich in seiner Freizeit fast nonstop Podcasts an, zieht sich YouTube-Videos rein, checkt die Nachrichten etc. Da müssen wir noch etwas an uns arbeiten. Vielleicht sind wir aber sogar ein abschreckendes Beispiel…


Was war/ist Euch beim Thema Kinder & Medien(kompetenz) wichtig?

Miss Broccoli: Mir ist die Medienkompetenz sehr wichtig, da ich Medienwissenschaften studiert habe und denke, dass wir nicht ohne Medien sein werden und können. Deshalb ist es wichtig, dass auch die Kinder hier vorsichtig und begleitet an die neuen Medien herangeführt werden sollen. Wenn es dann soweit ist, werde ich meinem Sohn auch Facebook und co. erklären können, denn ich selbst nutze diese Kanäle – und kenne die Gefahren. Und das ist das Wichtige: diese zu sehen, die Funktion der Medien erklären, und so das Kind begleiten, die Medien angemessen zu nutzen – und daneben das freie Spiel, das Spielen in der Natur und mit anderen Kindern weiterhin an erste Stelle zu setzen.

Die Angelones: Wie bei allen Erziehungsfragen ist es auch bei der Mediennutzung so: Wer etwas selbst nicht kennt, kann nicht mitreden und schon gar kein Vorbild sein. Für Eltern, die selber keine Apps, soziale Medien oder Games nutzen, ist es schwierig, sich auf die Thematik einzulassen und heraus zu finden, welche Medien für das Kind ab welchem Alter und in welchem Masse vertretbar sind, wo Gefahren lauern und wo aber auch viel Potenzial drin liegt. Entsprechend schwierig gestaltet sich dann auch das Aufstellen und Durchsetzen von Regeln.

mama rock:; Ich finde es wichtig, dass man sich bewusst ist, dass ein Medium nicht schlechter ist, nur weil es digital ist, und nicht analog. Ich habe mir als Teenager die Nächte mit Computerspielen um die Ohren geschlagen, und aus mir ist dennoch etwas geworden. Aber ernsthaft: es ist wichtig, am Ball zu bleiben. Ich befasse mich jetzt mit den Medien, die meine Kinder konsumieren. Und werde es auch in Zukunft tun!

Lola Brause: Was, wie und welche Masse konsumiert wird!

Mama mal 3: Je älter und damit freier die Kinder in der Mediennutzung werden, desto wichtiger ist es, den Draht nicht zu verlieren und im Gespräch zu bleiben darüber, was, wie und warum genutzt wird. Denn mit der Zeit kommen auch die Gefahren, über die es Bescheid zu wissen gilt und ganz wichtig dabei ist es, dass die Kinder wissen, dass sie uns alles erzählen dürfen, dass sie „nein“ sagen und nicht überall mitmachen müssen…

Zusammenfassend lässt sich sagen: keiner unserer Blogger lässt das Thema einfach so „laufen“. Der Medienkonsum wird begleitet und (offen) kontrolliert. Es gibt in jeder Familie auch Regeln, welche den Eltern wichtig sind. Und je besser sie sich selber daran halten und das Handy auch mal bei Seite legen, desto eher sind auch die Kinder dazu bereit.

Je jünger das Kind, desto besser funktioniert das. Je älter die Kinder, desto grösser wird auch der Druck aus der Peer Group. Haben alle Klassen-Kameraden ein Handy, kann man als Eltern kaum noch nein dazu sagen…

Alle sind sich auch einig, dass Medienkompetenz immer wichtiger ist, die neuen digitalen Medien unausweichlich sind und nicht per se schlecht!

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