Über inneren Frieden
mitten in der Veränderung

Veränderung ist etwas, womit Familien immer wieder zu kämpfen haben. Die gängigsten Veränderungen einer Familie sind Lebenssituationen wie die Entwicklung vom flexiblen und unabhängigen Liebespaar zu den Verheirateten. Das Heiraten allein kündigt die Veränderungen, die (notabene) gemäss Gesellschaftsnorm passieren «sollten», schon voller Hoffnung an: Kinderkriegen, mehr Verantwortung, teure(re) Anschaffungen und so weiter und so fort. 

Der Moment, in dem man zu Eltern wird, der Sex sich verändert, man nicht mehr ausschlafen kann, man nicht mehr so flexibel ist, wo man Kompromisse eingehen muss, auf einmal WIRKLICH ein Team sein muss. Veränderung kommt in allen Facetten. Gerade weil wir immer von einem roten Faden sprechen, der so wichtig ist, weil uns immer gesagt wird, wir sollen etwas machen und uns entscheiden, sonst ist man (abschätzend gesagt) ein «Tausendsassa» oder ein «Mädchen für alles». Gerade in der Schweiz gehört es zum guten Ton etwas zu studieren, sich dann einen Job zu suchen und für immer das zu machen, was einem gerade zu diesem Zeitpunkt in den jüngsten Jahren vor die Füsse gefallen ist. Nun ist das aber nicht das, was das Leben mit dir vorhatte. Ganz sicher nicht. Ein solch «stabiles» und unveränderliches Leben in einer (!) Komfortzone finde ich höchst verheerend und fast schon ein bisschen verschwenderisch. Ich gehöre zu den Menschen, die es wichtig finden, dass man früh genug lernt mit Veränderung umzugehen. Emotional aber auch in der Realität. Veränderung geht für mich mit der Gabe loslassen zu können einher. Oft sind Menschen mehr auf die Sicherheit bedacht als auf das wertvolle Leben voller Überraschungen, das einem geschenkt wurde und dazu auch noch viel zu kurz ist, wenn man bedenkt, wie schnell die Zeit an einem vorbeirast. Ich glaube daran, dass wir geboren sind, um uns selbst und unsere Berufung zu finden. Aus dem Wort «Beruf» ist «Arbeit» geworden (Englisch: aus «Calling» ist «Job» geworden»). Wenn wir Kinder bekommen, suchen wir uns einen Ort, wo unsere Kinder friedlich aufwachsen können, das ist eine tolle Idee. Aristoteles sagte einst: «Wir sind das, was wir wiederholt tun. Erfolg ist daher keine Handlung, sondern eine Gewohnheit.» Ein toller Spruch! Aber auch irgendwie ein trauriger Spruch, wenn wir ihn auf das ganz sichere 0815-Leben ohne Veränderung und Bewegung beziehen, welches viele Familien tagein und tagaus in ihrer Komfortzone leben. Wo das Leben richtig bereichernd und spannend werden kann, ist im sogenannten «schwarzen Loch», wie ich es liebevoll nenne. Das ist der Ort, an dem alle Stricke gerissen sind und man eben nicht mehr in dieser Sicherheit lebt, sondern mitten in der Veränderung zwischen zwei Komfortzonen. Das heisst, ein Hoch auf Komfortzonen! Wir lieben und brauchen sie. Unser schönes, gewohntes Zuhause, der gewohnte Job, das sichere Einkommen, die Routine, etwas, woran wir uns gemütlich festhalten können. Die Kunst des Lebens ist es in Dankbarkeit loslassen zu können und in bedingungslosem Vertrauen weiterzuschreiten.

Wenn man keine Kinder hat, würde man es ein Abenteuer nennen. Sobald man Kinder hat, fühlt es sich eher so an, als hätte man versagt, denn als Eltern ist es doch unsere Aufgabe unseren Kindern Sicherheit zu vermitteln. Falsch, finde ich … Das wertvollste Gut, welches wir unseren Kindern als Instrument fürs Leben mitgeben können, ist die Fähigkeit loszulassen, die Demut dankbar zu sein, mit der Veränderung mitzugehen, wie ein guter Surfer sich jeder noch so hohen Welle annimmt.

Als ich mich vor fünf Jahren von meiner siebenjährigen Ehe (ja, das verflixte siebte Jahr) gelöst habe, war ich in einer Zwickmühle, in die ich mich selbst geritten hatte. Die Retourkutsche dafür, dass ich alle Zeichen (Red Flags) all die Jahre einfach ignoriert habe, nur damit ich in meiner Komfortzone hocken bleiben kann, wo alles geregelt war. Mein Ex hat die Miete bezahlt, ich durfte sechs Jahre mit meinem Sohn zu Hause sein und ein bisschen hier und ein bisschen dort spannende Projekte ohne jegliche Verbindlichkeiten unternehmen. Wir waren trotzdem glücklich, weil im Aussen alles stimmte. Das Aussen war uns einfach wichtiger. Sicherheit, Gemütlichkeit, Gewohnheit und nicht zuletzt die Schuldgefühle, die man hatte, wenn man sein Kind mit zu viel Veränderung konfrontierte. Nach der Trennung wollte ich zurück, zusammen mit meinem Sohn, mit dem ich die letzten sechs Jahre meines Lebens tagein und tagaus verbringen durfte.

Die Realität sah aber ganz anders aus, denn mit diesem Plan war mein Ex-Mann alles andere als einverstanden. So begann die schwerste Zeit meines bisherigen Lebens. Das grosse, schwarze Loch zwischen zwei Komfortzonen. Ganze drei Jahre hat es gedauert, bis ich wieder zur Ruhe kam. Ich habe mich jahrelang davor gedrückt, auch wenn ich tief in mir wusste, es wird kein einfacher Weg. Meist kann man ihn nicht umgehen, wenn man für sich selbst und das eigene Leben einstehen möchte. Was bekommt man heute schon Wertvolles gratis? Ich habe alles verloren: mein Zuhause, meinen heiligen Alltag mit meinem Sohn, meine Mutterrolle, meine Identität, meine Zukunft, meine Sicherheit, alles, woran ich glaubte. Einfach alles.

Ich bin mit 35 wieder bei meinen Eltern eingezogen, wurde von einem Tag auf den anderen Wochenend-Mama, landete in einem dreijährigen Gerichtskrieg um das Aufenthaltsbestimmungsrecht unseres Sohnes und vieles mehr. Das ist die eine Seite. Die andere Seite sah aber ganz anders aus: Nach sieben Jahren durfte ich endlich wieder einmal Zeit für mich geniessen, ich konnte an Sommerabenden mit meinen Freunden am See auf Plastikstühlen hocken, guten Wein trinken und meine Lieblingsmusik hören. Kurz (und knapp) nach der Trennung lernte ich einen mir langjährig bekannten Mann lieben und verbrachte mit ihm die Zeit meines Lebens. Ja, so fühlte sich diese Zeit nach sieben Jahren Trott und Komfortzone an. Ich besuchte ein Yoga-Retreat auf Ibiza und glotzte stundenlang in die Meeresweite, bis ich einen Sonnenbrand im Gesicht hatte. Wir wanderten mit nichts ausser Thunfisch, Brot und Mayonnaise entlang gefährlicher Wanderrouten in einsame Buchten, genossen den Sonnenuntergang und ich hatte endlich wieder einmal die Gespräche, die meine Seele brauchte, um zu wachsen.

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Immer wieder quälte mich die Wut, das schlechte Gewissen oder auch der Gedanke, dass ich den Faden zu meinem Sohn verliere. Eines Tages habe ich mich entschieden, mein Kopfkino auszuschalten, diese Emotionen unter Kontrolle zu kriegen und das Beste aus der Situation zu machen. Das gelingt mir heute sehr gut. Ich habe mich entschieden loszulassen und meinem Leben zu vertrauen. Mein Sohn und ich haben heute noch eine wunderbare, intakte Beziehung, im April dieses Jahres habe ich mein zweites Kind bekommen, ein Töchterchen mit einem Mann, der mir vor über 17 Jahren schon mal begegnet ist, es jedoch einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt für uns war. Seit über dreieinhalb Jahren darf ich eine wundervolle, harmonische und respektvolle Beziehung führen, bin in meinem Beruf erfolgreicher denn je, ich lebe in absoluter Fülle, habe alles, was mein Herz erwärmt und mich glücklich macht, und das Allerbeste ist, dass das «schwarze Loch», diese verzweifelte Leere ohne Plan und Perspektive, mein Leben gerettet hat. Ich bin so unglaublich daran gewachsen, dass ich es, so schlimm es für mich auch war, nicht missen möchte. Ich bin heute 36 und durfte mich selbst lieben lernen, Freude, Leichtigkeit und Vertrauen in mein Leben zurückbringen und – jetzt komme ich auf den Punkt – meinem Sohn zeigen, dass die noch so dramatischen Lebensveränderungen mich nur stärker gemacht haben. Er hat mir dabei zusehen dürfen, wie ich scheiterte und mich jeden Tag wieder dazu aufgerafft habe, mein Leben anzupacken. Auch wenn anfänglich er selbst es war, der mir die Kraft dazu gegeben hat nicht aufzugeben, er von seiner Mutter vorgelebt bekommen hat, dass man für sich selbst und das eigene Leben auf- und einsteht. Dass man dafür kämpft, glücklich zu werden und sich nicht mit etwas zufriedengibt, was nicht diesen Funken in deinem Herzen erweckt, das Beste aus deinem Leben zu holen, als gäbe es kein zweites.

Einer der Menschen, der mich mit seinen Büchern sehr berührt und bewegt hat, ist Neale Donald Walsh. Er hat ein Buch namens «Wenn alles sich verändert, verändere alles» geschrieben und motivierte mich damit mir einen Spass aus Veränderung zu machen. Mitzusurfen und den Drang zur Kontrolle und den Gedanken der Sicherheit fallenzulassen. Das Leben ist immer in Bewegung und wenn du nicht mitgehst, dann stagnierst du.

Deine Kinder werden vielleicht irgendwann in ihrem Leben eine/n Partner/in verlassen oder selbst verlassen werden, sie werden vielleicht einmal einen Job verlieren oder eine Prüfung nicht bestehen oder die Segel kurzfristig anders setzen müssen, weil der Wind sich dreht. Und es gibt nichts Schöneres, als wenn sie sich in diesen Momenten gelassen denken können: Alles ist gut, wie es ist, das Leben ist in Bewegung und im Fluss und ich werde mich nicht gegen den Fluss stellen, sondern ich floate einfach mit und vertraue darauf, dass das Leben es gut mit mir meint …

Liebe Leserin, lieber Leser, schalte jetzt deinen Computer aus, stelle dein Handy auf lautlos, dreh dich um und umarme die Menschen, die jetzt in deinem Leben sind, denn vielleicht werden sie eines Tages ausziehen und sich dem Fluss des Lebens hingeben, so wie du es damals getan hast. Wenn du einen Partner oder eine Partnerin zu Hause hast, die dich in all deiner Veränderung liebt und leben lässt, drück ihn und sie fest und sei dankbar, dass du das Gefühl haben darfst, dass du genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort bist und vertraue darauf, dass das zu jedem Zeitpunkt und in jeder Situation in deinem Leben so ist, sofern du deinem Leben nicht mit deinem Kopf und deinen Ängsten im Weg stehst.

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